parallax background

Unerwartete Herausforderung – Workaway auf Sizilien

 

Drei Wochen Weinernte am Fuße des Ätnas

Nach unserer Reisedurch Süditalien und erlebnisreichen Besuchen verschiedener Weingüter (Weingüter von Rom bis Sizilien), sind wir Mitte September in Zafferana Etnea - einem kleinen Dorf nahe des namensgebenden Vulkans auf Sizilien - angekommen, um unser erstes Workaway zu starten. Gleich am Morgen vor unserer Anreise haben unsere Gastgeber uns per WhatsApp kontaktiert und angekündigt, dass an unserem Anreisetag die erste Weinlese stattfinden wird. Eigentlich hatten wir gehofft, dass wir in Ruhe ankommen, alles kennenlernen, Sachen auspacken und dann am nächsten Tag starten werden. Diese Hoffnung war mit der Nachricht vom Tisch, denn die Ernte konnte nur bei gutem Wetter durchgeführt werden. Gleichzeitig waren wir happy, da wir befürchtet hatten, aufgrund des sehr schönen Sommers (zumindest im Norden Europas) zu spät zur Ernte einzutreffen. Wie sich herausstellte, waren unsere Ängste mehr als unbegründet....

 
 
 
So sind wir also in freudiger Erwartung und voller Tatendrang bei unserem neuen Übergangs-Zuhause eingetroffen. Was uns allerdings erwartete war gewöhnungsbedürftig und hat uns einiges an Umdenken abgefordert.
Wir mussten lernen die drei Wochen in einem kleinen Caravan auf vielleicht 3-4m² zu leben, der seine Höhepunkte definitiv in den 80er Jahren erlebt hat (die Autobahnplakette am Fenster hat dies bestätigt). Das Bett war gerade einmal 1,10 m breit und 1,90 m lang, was für Jost mit seinen 1,93 m eine Herausforderung darstellte. Auch die Themen Sauberkeit oder Ordnung schienen für unsere Gastgeber keine hohe Priorität zu haben. So galt es bei allen Aktivitäten im Haus entweder nicht so genau hinzuschauen oder einfach selbst für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen. Wenn z.B. etwas aus den oberen Regalen in der Küche gebraucht wurde, ist unser Gastgeber kurzerhand auf den Küchentisch gestiegen um es zu holen. Da war es egal, ob er gerade Hausschuhe trug oder mit Arbeitsschuhen aus dem Feld kam und riesige Dreckklumpen auf dem Tisch verteilte. Diese blieben dann solange auf dem Tisch liegen, bis entweder Jost oder ich sie entfernten. Aber hey, vielleicht sind wir es auch die es mit der Ordnung und Sauberkeit übertreiben?!
 
 
 
Leider hatten wir kein gutes Timing mit dem Wetter. Mit teilweise sehr verregneten und windigen 13-18 Grad war es ungemütlich kalt und wir haben regelmäßig in unserem nicht beheizbaren Caravan gefroren. Zum Glück hatten wir zwei funktionierende Steckdosen, denn das Deckenlicht war seit dem letzten Sturm defekt und so mussten wir uns mit einer kleiner Schreibtischleuchte und einer Taschenlampe behelfen. Selbst eine warme Dusche wurde für uns ein Luxusgut, denn fließendes Wasser gab es nur im Haupthaus und warmes Wasser nur dann, wenn die Gastgeber 2-3 Stunden vorher das Wasser mit dem Holzofen angeheizt haben.
Irgendwie hatten wir uns vorgestellt, dass wir in der Sonne bei milden, warmen Temperaturen unsere 4-5 Stunden pro Tag arbeiten und den Rest der Zeit relaxen oder etwas Schönes machen. Leider regnete es häufig, was bedeutete, dass wir nicht arbeiten konnten, sich aber auch keine Freizeitaktivität anbot. So warteten wir meist im Caravan, dass es aufhört zu regnen, um dann weiterzuarbeiten. Rückblickend war unsere Vorstellung von einem Workaway auf Sizilien wahrscheinlich ein wenig zu romantisch…
 

Und ja, nachdem wir den ersten kleinen Schock verdaut und unserer Erwartungshaltung korrigiert hatten, haben wir uns tatsächlich ganz gut einleben können. Wir haben den Caravan einmal auf Vordermann gebracht, das Gemeinschaftsbad sowie die Küche richtig grundgereinigt und unsere gesamte Kleidermontur als Kälteschutz angezogen. Auch unsere Gastgeber, Pasquale und Florijana, haben sich nach kurzer Auftauphase als sehr umgängliche und entspannte Personen herausgestellt, mit denen wir nette Abende mit leckerem Essen und viel Wein verbracht haben.

Was unsere Gastgeber betrifft: Es ist bewundernswert, was sie täglich leisten und mit wie viel Herzblut sie versuchen ein perfektes Produkt zu liefern, hat uns wirklich beeindruckt und mitgerissen! Erst vor zwei Jahren haben sie das Weingut mit insgesamt 2 ha Rebstöcken gekauft und schon jetzt produzieren sie einen herausragenden Wein, der auf sämtliche Zusätze verzichtet und einzig auf die Qualität der Traube setzt. Sie investieren viel Arbeit, lesen alles von Hand und verwenden nur die besten Trauben für ihren Wein. Nebenbei arbeitet Pasquale noch 2-3 Mal die Woche in seinem Fahrradverleih in Catania, den er vor 10 Jahren zusammen mit zwei Freunden gegründet hat und mit dem er seinen Traum vom eigenen Weingut momentan noch quersubventioniert bis beide davon leben können. Die Voraussetzungen sind auf jeden Fall sehr vielversprechend! Mehr zu den Besonderheiten und Herausforderungen des Weinbaus am Ätna erfahrt ihr hier

 

Unser Fazit:

Unsere Workaway Erfahrung auf Sizilien war zwar nicht so wie wir es erwartet haben, aber wir möchten diese Erfahrung nicht mehr missen. Wir haben unglaublich viel über die Produktion und den Anbau von Wein gelernt, Insiderwissen über sizilianische Weine gesammelt und das authentische Leben von Italiener kennengelernt (ja, sie essen wirklich frühestens 14.00 Uhr Mittag und 21.30 Uhr zu Abend). Daneben haben wir dieses unglaublich schöne und ruhige Stückchen Land (und Thalia, den Hund des Weingutes) lieben gelernt.

Die nächste Workaway Erfahrung werden wir aber definitiv kürzer halten, weil wir gemerkt haben, dass uns die Hälfte der die Zeit auch gereicht hätte, um Land und Leute kennenzulernen. Außerdem geht man so ein geringeres Risiko ein, sollte es mal nicht so dolle laufen. Nächstes Workaway: Australien!

Alle Informationen und Angebote zum Thema Workaway findest du auf der Plattform: www.workaway.info