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Weintourismus auf Chinesisch – zwischen Mickey Maus und Weinreben

 

Ein Ausflug zu einem Weingut in China

Während unseres China-Aufenthaltes wollten wir natürlich ausgiebig die chinesischen Weine testen und ein Gefühl dafür bekommen, welchen Stellenwert unser Lieblingsgetränk im Reich der Mitte hat. Nach einigen Recherchen haben wir ziemlich schnell festgestellt, dass es Weinverkostungen und Weintouren, wie wir sie in Italien, Deutschland oder sonst wo auf der Welt kennen, nicht gibt. Viele der chinesischen Weingüter und Weinhersteller haben keine eigene Internetseite und sind im Netz entsprechend kaum auffindbar. Wenn es eine Homepage gibt, dann ohne Informationen zu Weintouren oder Hinweisen zu Verkostungsmöglichkeiten. Auch auf Anfragen unsererseits wurde leider nicht reagiert.

Über Foren und Presseberichte sind wir dann auf das Chateau Changyu AFIP aufmerksam geworden. Das Prestigeobjekt des Changyu AFIP Konzerns liegt nicht allzu weit von Peking entfernt und soll geführte Weintouren ohne Voranmeldung anbieten. Besonders spannend war der Punkt, dass das Weingut eine komplette Nachbildung eines französischen Chateaus ist. Das hat sich so verrückt angehört, dass wir beschlossen haben, uns das Meisterwerk der chinesischen Imitationskunst vor Ort anzusehen. Also haben wir einen Fahrer organisiert, einen ordentlichen Preis verhandelt und sind von Peking aus in das ca. 80 km nordöstlich gelegene Chateau Changyu AFIP aufgebrochen. Da wir auf dem Hinweg noch einen kurzen Abstecher an der Great Wall eingelegt haben (liegt ebenfalls nördlich), kamen wir am Chateau erst gegen 14.00 Uhr an. Was uns dort erwartete, hat uns doch ein wenig überrascht…

Zunächst konnten wir zwischen zwei Eintrittstickets wählen:
1. Eintritt zum Schloss und AFIP Village für 60 CNY oder
2. Eintritt zum Schloss und AFIP Village mit Weinverkostung für 100 CNY.

Eigentlich wollten wir doch nur ein Weingut besichtigen und Wein verkosten…? Was das Ganze mit dem Schloss und dem AFIP Village sein soll, hat sich uns in dem Moment noch nicht erschlossen. Leider konnten uns die Ticketverkäuferinnen nicht viel erklären, da sie - wie nahezu das gesamte Personal - kaum Englisch sprachen.
 
Wir haben uns natürlich für Ticketvariante 2 entschieden. Mit einem Coupon, der aus mehreren einzelnen Abrissen bestand (und den wir ebenfalls nicht lesen konnten), schickte man uns dann um das Chateau in Richtung Eingang. Ja, wir waren anscheinend noch gar nicht richtig drin. Bis zu diesem Zeitpunkt dachten wir das Chateau wäre die Attraktion. Falsch gedacht. Was uns nun erwartete kann man eigentlich nur als Disneyland des Weins beschreiben. Schwanenteich, lustige Comicfiguren, Prinzessinnen-Pavillon, Kinderparadies, Schloss und viele „Showreben“ – dass alles auf einer riesigen Fläche, für die man zum Durchqueren mindestens 1-2 Stunden braucht. Das Absurdeste von allem: wir waren fast ganz alleine auf dem Gelände.
 
 
Nachdem wir Schwanenteich und Co. hinter uns gelassen haben und endlich vor den richtigen Reben standen, war es leider schon so spät, dass wir beschlossen haben die Runde abzukürzen und direkt zur Verkostung ins Schloss zu gehen. Aber auch hier haben uns die Dimensionen erschlagen. Der riesige Eingangsbereich des AFIP Schlosses wird als Ausstellungshalle genutzt, der Keller ist ein weitläufiger Weinkeller, im zweiten Stock ist ein Museum und ganz oben im dritten Stock gibt es dann erst die Weine zum Probieren. Bis auf das Museum, welches wir selber nicht mehr besichtigen konnten, da nach unserer Weinverkostung um 16.55 Uhr das Licht schon aus war, haben wir versucht alles im Schnelldurchgang abzulaufen (das Weingut schließt um 17.00 Uhr). Auch hier wieder keine Menschenseele weit und breit.
 
 
 
Die reine Weinverkostung war leider sehr unspektakulär. Wir haben unseren Coupon abgegeben, drei Gläser Wein hingestellt bekommen und das wars. Null Informationen und auch auf Nachfrage konnte uns das Personal wirklich nur rudimentäre Antworten liefern. Details und Hintergründe zur Weinproduktion sollte man hier also nicht erwarten. Zu guter Letzt haben wir noch im Tausch gegen den letzten Coupon ein Paket mit zwei Flaschen Wein als Geschenk erhalten. Damit wurden wir aber im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich offensichtlich aufgefordert zu gehen. Die Lichter waren überall schon aus, das Personal schon weg oder bereits zum Gehen angezogen und das Haupthaus hatte gar nicht mehr auf – es war übrigens kurz vor 17.00 Uhr. Wieso sollte man auch warten bis die letzten Gäste das Gelände verlassen haben :-)?
 
 
 
Von den beiden sortengleichen Flaschen Rotwein, die wir geschenkt bekommen haben, haben wir eine Flasche unserem Fahrer geschenkt und eine Flasche nach unserer Rückkehr in Peking geöffnet. Nach einem kleinen Schluck haben wir die gesamte Flasche weggekippt…. unsere Toleranzgrenze ist wirklich relativ groß, aber das war leider ungenießbar. Da fragen wir uns, wieso verschenkt man ein Wein mit so schlechter Qualität? Das trägt sicherlich nicht dazu bei, den Ruf des chinesischen Weins zu verbessern.

Ausführlichere Informationen zum Thema China und Weine findest du hier.