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Peking, oh Peking

 

Eine kurze, intensive Erfahrung

So viel vorne weg, wir sind mit viel Euphorie in die Hauptstadt des Reichs der Mitte gereist, haben sie aber mit gemischten Gefühlen wieder verlassen. Aber erst einmal zu den positiven Eindrücken und unseren persönlichen Highlights während unseres 6-Tage-Aufenthalts in Peking:

  • Hutongs – diese traditionellen Stadtviertel haben es uns angetan. Vor allem an den Abenden hat uns die wunderschöne Stimmung eingefangen und wir haben uns hier gerne durch die kleinen Gassen mit unzähligen Essens- und Handwerksläden treiben lassen
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  • Kohleberg (Jingshan Park) – hier hatten wir einen sensationellen Ausblick auf die Verbotene Stadt. Schöner ist nur noch der Blick über den östlichen Teil Pekings bei Sonnenuntergang (Abwesenheit von Smog vorausgesetzt).
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  • Streetfood in der Wangfujin Road: hier erlebt man alle Skurrilitäten, die die chinesische Küche zu bieten hat. Wir sind Gott sei Dank ohne Hunger hin, denn die Preise sind an die Touristen angepasst und die Auswahl ist, naja, sagen wir speziell. Definitiv ein Spektakel, das sich niemand entgehen lassen sollte!
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    Wir haben keine Skorpione oder gebratene Vogelspinnen probiert, das war uns einfach zu abgefahren. Aber die kulinarischen Besonderheiten eines Landes kennen zu lernen, ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Reise und China bietet in dieser Hinsicht eine ganz besondere Erfahrung. Nirgendwo sonst haben wir bisher eine Küche kennengelernt, die ihre Tiere vollumfänglich verwertet, wie es die Chinesen tun. So kann man in Restaurants eine Entenflügelhautsuppe oder einen Hühnerhals-Bowl bestellen. Alle Innereien werden zu Gerichten verarbeitet. Ich selbst wollte unbedingt die berühmten Hühnerfüße probieren, die zu meinem Erstaunen kalt serviert wurden und praktisch nur aus Knorpel bestanden. Geschmeckt hat es mir nicht, aber das ist ja - wie bei fast allen Dingen - Geschmackssache. Die Verwertungsmentalität finde ich aber trotzdem super, da es das Tier mehr wertschätzt.
     
    Während die Magen-, Haut- und Dickdarm-Eintöpfe weniger unserem Geschmack entsprachen, gab es für uns auch echte Leckereien zu entdecken, wie z.B. der chinesische Joghurt-Drink aus einem kleinen Tontopf, der an jeder Ecke angeboten wird oder die kandierten kleinen Äpfel – sehr zu empfehlen!
     
     
     
    Neben den ganzen positiven Eindrücken, die wir von dieser Reise mitgenommen haben, war unsere Peking-Erfahrung leider auch von einigen nicht so netten Ereignissen geprägt. So haben wir schon am Flughafen wahrnehmen können, wie durch das herrschende Regime die Freiheit regelrecht beschnitten wird. Das beginnt bei der Sperre von Google-Diensten und Facebook-Services und reicht bis zu deutlich längeren Ladezeiten ausländischer Webseiten. Das macht eine Recherche vor Ort recht anstrengend und mühselig. Eine gute Reisevorbereitung vorab ist deshalb wirklich zu empfehlen (selbst wenn es um Kleinigkeiten wie Wäscheservice etc. geht – siehe Artikel hier).

    Daneben ist die extrem hohe Dichte an Überwachungskameras auf den öffentlichen Straßen in Peking wirklich erschreckend (4-6 Kameras pro Laternenmast!). Auch die zahlreichen Polizeisperren und die permanente Polizeipräsenz an den Hotspots der Stadt haben uns überrascht.
     
     
     
    Während unseres kurzen Aufenthalt in dem Land, haben wir die Chinesen leider als ein Volk kennengelernt, dass sich selbst am nächsten ist und jeder gegen jeden kämpft. Das fängt schon ganz lapidar beim Straßenverkehr an. Grün heißt nicht Grün. Der Fußgänger ist das letzte Glied in der Kette und muss selbst bei Grün darauf achten nicht überfahren zu werden. Das man abgezockt wird oder sagen wir einfach gewisse Informationen vorenthalten werden, gehörte bei uns ebenfalls zum Alltag. Wir haben beispielsweise eine SIM-Karte mit angeblich 20 GB Datenvolumen für 20 Euro gekauft. Nach 1,5 Tagen haben wir eine SMS bekommen, dass unser Guthaben aufgebraucht ist und wir bitte die Karte aufladen sollen….Ok, kann passieren. Vielleicht lag der Fehler in der Kommunikation. Aber was uns wirklich verärgert hat, war die Abzocke am Taxistand vor dem Flughafenterminal. Trotz Anmeldung beim offiziellen Taxiservice (dafür gibt es einen Anmeldestand) wurden wir an die Taxiamafia übergeben, die für die Fahrt am Ende 400 statt 100 Yuan wollte – echte Abzocke (dazu mehr in diesem Artikel).

    Wer in China ein Hotelzimmer buchen will, wird sich erst einmal über die günstigen Preise freuen, jedenfalls bis er merkt, dass die Zimmer zu den Preisen nur an Chinesen vergeben werden und für Ausländer wesentlich höhere Preise aufgerufen werden.

    Ein weitere Schwierigkeit, die uns die ganze Zeit begleitet hat, war die Sprachbarriere. Das Englisch-Niveau haben wir als extrem niedrig wahrgenommen (und ich spreche hier nicht von der Verkäuferin im Tante Emma Laden). Selbst mit der Rezeptionistin in einem 5-Sterne Hotel oder mit dem Service-Mitarbeiter am Flughafenschalter konnten wir uns kaum verständigen. Zudem sind die wenigen englischen Beschriftungen meist nicht konsequent umgesetzt. So sind die Überschriften von Hinweistafeln zwar übersetzt, die Erklärung darunter jedoch nicht. Diese inkonsistente Vorgehensweise setzt sich selbst an den touristischen Hotspots fort. Wenn man z.B. an der großen Mauer auf Toilette muss, sollte man sich dringend eigenes Toilettenpapier mitbringen oder vorher eine SIM-Karte kaufen. Warum? Toilettenpapier erhält man aus einem Automaten, der in den Toiletten hängt. Der Automat gibt das Toilettenpapier aber nur dann aus, wenn man den QR-Code scannt, der sich auf dem Automaten befindet. Zum Scannen bzw. Öffnen der gescannten URL braucht man allerdings Internet….Wer das über das offene WLAN machen will, braucht zur Registrierung eine chinesische Handynummer. Alles in allem ist eine chinesische SIM-Karte für den Toilettengang also zwingend erforderlich 😊.

    Mal ehrlich, das meiste sind Punkte, mit denen wir gut umgehen konnten. Was uns aber wirklich negativ aufgefallen ist, ist die Einstellung und das Miteinander der Menschen. Viele scheinen beispielsweise nur Dienst nach Vorschrift zu machen. Shops werden meist schon vor den eigentlichen Schließzeiten geschlossen und die Mitarbeiter sitzen bereits 20 Minuten vorher in ihren Jacken bereit zu gehen. Die Hilfsbereitschaft war nach unserem Empfinden und verglichen zu anderen asiatischen Ländern sehr gering bis gar nicht vorhanden. Anfragen wurden meist abgewiegelt. Verkäuferinnen stehen in abgeschiedenen Ecken im Laden und spielen am Handy, statt beim Wiegen der Ware zu helfen. Während einer Massage hat meine Masseurin immer wieder am Handy herumgespielt und mich halbherzig mit einer Hand weitermassiert.

    Die schlechten Erfahrungen und die negativen Eindrücke haben unsere anfängliche euphorische Vorstellung von China leider etwas getrübt. Aber es war nicht alles schlecht! Die Infrastrukturen waren sehr gut ausgebaut, die U-Bahn hat super funktioniert und die beste englischsprachige Chinesin haben wir auf der China Post getroffen. Auch als wir den Fahrer für den Tag gebucht haben, war dieser pünktlich und sehr höflich. Aber es ist schon interessant zu erfahren, wie es ist, wenn man keine gemeinsame Kommunikations- und Wertebasis findet und die Erwartungen sich einfach nicht decken wollen.

    Unterm Strich war unser erster Eindruck von Peking also nicht sehr positiv. Umso mehr hatten wir uns darauf gefreut, unsere Erfahrungen in Shanghai nochmal auf den Prüfstand stellen zu können, um eine andere Sichtweise zu gewinnen und mit einem guten Gefühl zurückblicken zu können. Leider ist es nie dazu gekommen. Warum, erfährst du in einem der folgenden Artikeln.