Das Reis-Wein Verhältnis in Südkorea

 

Wie es um die Weinkultur im westlich geprägten Südkorea steht.

Während unseres Urlaubes auf Malta vor ca. 1,5 Jahren haben wir uns mit einer Südkoreanerin angefreundet. Ich weiß noch, wie überrascht wir damals waren, dass sie gerne mal zum Mittagessen und gelegentlich auch zum Abendessen ein Glas Weißwein getrunken hat. Bis dahin bin ich davon ausgegangen, dass Wein in der Kultur der Südkoreaner gar keine Rolle spielt und dass, wenn überhaupt, Alkohol getrunken wird, dann entweder Light-Bier oder Reisschnaps (Soju). Was die Weinkultur in Südkorea angeht, hatte ich mich anscheinend geirrt. Auf unserer Weltreise konnten wir unsere Freundin vor einigen Wochen in ihrem Heimatland besuchen und haben dabei einige interessante Fakten zum Weinanbau und Weinkonsum in Südkorea in Erfahrung gebracht.
 

Jule im Gespräch mit unserer südkoreanischen Freundin Seohee

 

Bedingungen wie Neuseeland und Spanien

Erst einmal die Randdaten: Theoretisch liegt Südkorea auf den gleichen Breitengraden wie Spanien auf der Nordhalbkugel und Neuseeland auf der Südhalbkugel. Beides geographische Regionen, die für ihren fantastischen Weinanbau bekannt sind. Nun liegt die Vermutung sehr nahe, dass Südkorea damit ebenfalls beste Rahmenbedingungen für die Kultivierung von Reben bietet. Diese Schlussfolgerung reicht leider ein wenig zu kurz, denn die realen klimatischen Bedingungen sind doch anders als in Spanien oder Neuseeland.

Die Winter in Südkorea werden beispielsweise extrem kalt. Einen Vorgeschmack darauf hatten wir bereits bei unserem Besuch Mitte Oktober (zum Reseblog Artikel: Südkorea in 92 Stunden). Anstatt leichter Übergangskleidung mussten wir schon unser ganzes Repertoire an Kleidung anziehen. Seitdem verwundert es uns nicht mehr, dass nur einige mildere und geschütztere Gegenden in Südkorea für den Qualitäts-Weinanbau überhaupt in Frage kommen. In diesen Gebieten kämpft man wiederum im Sommer mit einer hohen Luftfeuchtigkeit und einer erheblichen Menge an Regen. Das heißt, man hat die notwendige Wärme, jedoch zu viel Feuchtigkeit, die wiederum den perfekten Nährboden für Pilzerkrankungen bietet. Selbst wenn die Rebstöcke gesund durch den Sommer kommen, besteht die Gefahr, dass der Regen die Qualität des Lesegutes erheblich schmälert. Insgesamt also alles andere als ideale Bedingungen…
 

Keine optimalen Bedingungen für Weinreben in Südkorea

 
 

Der kurze Höhepunkt des südkoreanischen Weins

Trotzdem gibt es tatsächlich einige wenige Produzenten, die Weintrauben anstelle von Reis, Getreide oder Früchten nutzen, wie sonst üblich bei der koreanischen Weinherstellung. Dies ist jedoch aus einer Not heraus entstanden.
Durch schlechte Reisernten und einer zunehmenden Reis-Knappheit Ende der 1960er konnte der beliebte koreanische Reiswein, welcher geschmacklich rein gar nichts mit Wein wie wir ihn kennen zu tun hat, nicht mehr in ausreichenden Mengen produziert werden. Man suchte nach Lösungen und fand diese in der westlichen Weinproduktion und der Annahme, dass aufgrund ähnlicher klimatischen Bedingungen die Erschließung eigener Weinanbauflächen möglich sei. Man importierte Rebstöcke aus Frankreich und Deutschland (auf diesem Weg fanden auch ein paar Rieslingreben von der Mosel ihren Weg nach Südkorea). Doch die Ernteergebnisse dieser "Neuzüchtungen" waren nicht wirklich zufriedenstellend.
 

Trotzdem konnte man um ca. 1977 den sogenannten Majuang, den ersten südkoreanischen Wein, auf den Markt bringen. Wobei der Majuang kein rein koreanisches Produkt war, denn der aus dem eigenen Weinbau erzeugte Wein (man konzentrierte sich nach den ersten Fehlschlägen auf Seibel-Reben und Muscat d’Hamburg) wurde mit importierten Massenweinen aus Europa oder Südamerika verschnitten.

Dies war zwischenzeitlich ziemlich erfolgreich und bereits im Jahr 1987 konnte der Majuang einen Marktanteil von über 90 % des im Inland verkauften Weins für sich deklarieren. Dieses Hoch hielt allerdings nicht lange an. Ende der 80er Jahre stieg, aufgrund von nachlassenden Handelsbarrieren, der Import von ausländischen Wein an und drängte die eigene Weinherstellung auf einen Marktanteil von gerade einmal 15% zurück. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch deutlich in dem Rückgang der bewirtschafteten Rebflächen in Südkorea. Allein von 2000 zu 2012 hat sich die Fläche fast halbiert.
 

Hier wurde schon vor Jahrhunderten gespielt und getrunken

 
 

Wie wichtig ist Wein heute im Alltag der Südkoreaner?

Auch wenn die Entwicklung hinsichtlich der eigenen Weinproduktion rückläufig ist und es nur noch eine handvoll Weinkeller mit eigenem Weinanbau gibt, wird Wein als alkoholisches Getränk in Südkorea immer beliebter. Jedenfalls, wenn man die steigenden Importzahlen und die beachtliche Weinauswahl in Restaurants und Bars als Indikatoren nimmt. Während unseres Besuches in Südkorea haben wir diesen Trend in der Alltagsrealität der Südkoreaner nicht beobachten können. Die wenigen und zum Teil sehr versteckten Weinbars, die wir gesehen und besucht haben, waren vorwiegend leer. Auch unsere koreanische Freundin hat nach ihrer Rückkehr nach Seoul nur noch sehr sporadisch Wein getrunken, meist nur den weit verbreiteten Reiswein. Dieser wird insbesondere zum traditionell koreanischen Essen gereicht, da er im Gegensatz zum Wein wesentlich besser mit dem scharfen Essen harmonisiert.